JOACHIM OPAHLE GERMANY
„livesafelyineurope“
Dokumentarfilm, 52 Minuten, Österreich 2007,
Regie: Emanuel Danesch
SHORT REVIEW
„livesafelyineurope“ ist ein nachdenklicher Film über ein europäisches Zukunftsthema erster Ordnung: Wie werden wir wohnen und leben angesichts zunehmender Armutsmigration in Europa und weltweit. Der Film zitiert kunstvoll und ironisch gebrochen aus den euphorischen Prospekten der Erbauer von „gated communities“, die überall in Europa mit dem Versprechen von Exklusivität und Sicherheit werben. Mauern und Überwachungskameras sind ihre Methoden, unliebsame Mitmenschen auf Distanz zu halten. Die Bewohner dieser „Inseln der Seligen“ preisen die Idylle ihrer Wohnwelten und können doch nur mühsam dahinter die Angst vor dem Fremden und den Rückzug aus gesellschaftlicher Verantwortung verbergen. Der Film desillusioniert erbarmungslos den Fehlglauben, es könne ein richtiges Leben im Falschen geben.
LONG REVIEW
„livesafelyineurope“
Dokumentarfilm, 52 Minuten, Österreich 2007, Regie: Emanuel Danesch
Überall in Europa werben Investoren für sogenannte „gated communities“, abgeschlossene Wohnsiedlungen außerhalb der Städte, die einer zahlungskräftigen Kundschaft Exklusivität und vor allem Sicherheit versprechen. Ihr Mittel sind Mauern und Überwachungskameras. Doch das Leben darin ist ambivalent, die Idylle trügerisch. Denn für die vermeintlich Sicherheit zahlen die Bewohner einen hohen Preis: Gleichförmigkeit, Isolation, Absonderung vom „wahren Leben“ in der Stadt, in dem sich das Miteinander unterschiedlicher Gruppen und Interessen täglich neu bewähren muss.
Der Dokumentarfilm zitiert aus den Werbeprospekten der Investoren und kombiniert damit Bilder aus gated communities in Ceuta, der spanischen Exklave in Afrika, Deutschland und anderen europäischen Ländern. Ein weiteres Stilmittel sind Bilder aus der virtuellen Welt von „Second Life“, wo mit Hilfe von unsichtbaren Detektoren die Zugehörigkeit zur jeweiligen Community bestimmt wird. Dagegen montiert der Film Bilder aus Überwachungskameras an den europäischen Außengrenzen, die fast ebenso virtuell wirken, die aber höchst realistisch dokumentieren, wie die „Festung Europa“ von Armutsmigranten gestürmt wird.. Dabei wird deutlich: Die Versuchung, sich in Ghettos abzugrenzen von den Herausforderungen des wirklichen Lebens ist groß; die Illusion von einem Leben im Paradies ist ungebrochen aktuell. Rührend naiv und unbewusst komisch schwärmen die Bewohner von ihrem neuen Leben in den eintönigen und architektonisch zumeist banalen Wohnparks. Sie dokumentieren damit jedoch zugleich ihren Rückzug aus gesellschaftlicher Verantwortung und bestätigen darin das Wort des Philosophen Theodor Adorno, wonach es „kein richtiges Leben im Falschen“ geben kann.
Das wahre Leben hält andere Utopien bereit: Wie müsste das Zusammenwohnen von friedlichen und miteinander solidarischen Menschen beschaffen sein? Wie kann man der prekären Situation an den Außengrenzen Europas mit der wachsenden Zahl von Armutsflüchtlingen menschenwürdig begegnen? Was fasziniert und erschreckt zugleich an der quirligen und chaotischen städtischen Lebensform, in der Menschen aller Generationen das „Soziale“ stets aufs Neue herausfinden müssen. Mit der Beantwortung solcher Fragen hält der Film sich zurück. Aber er lässt keinen Zweifel daran, dass Abgrenzung, Isolation und die Errichtung von Mauern keine gangbaren Wege in die Zukunft sein können.
Der Film „livesafelyineurope“ wurde bei der DIAGONALE 2008 in Graz, dem Festival des österreichischen Films, uraufgeführt und mit dem kirchlichen Preis der Diözese Graz ausgezeichnet. Die Jury bildeten Natalie Resch, Joachim Schauer und Joachim Opahle, Vizepräsident von SIGNIS Europa. Der Regisseur des Films, Emanuel Danesch, wurde 1976 in Innsbruck geboren und lebt in Wien. Er studierte an der Universität für angewandte Kunst und an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Weitere Information: www.danesch.at
CRITERIA FOR REVIEWING
Ob ein Film mein Interesse weckt, entscheidet sich an Titel und Werbeplakat. Begriffe und Fotos sind die ersten Erzieher, wenn es darum geht, das bewegte Bild und seine Botschaft zu erschließen. Hat der Film dann begonnen, frage ich mich, ob er mit einer Botschaft aufwarten will und ob mir diese Botschaft möglicherweise vertraut ist. Welches ist das erkenntnisleitende Interesse des Autors/Regisseurs? Welche Stilmittel werden eingesetzt? Motive, Methoden, Audiodesign usw. Wie kreativ wirbt der Autor um Interesse und Symphatie für sein Thema? Wie nachhaltig und wesentlich sein Fragestellung und Umsetzung? Setzt der Film Emotionen und Imaginationen frei, wie man der Substanz des Menschlichen auf die Spur kommen und wie Leben gelingen kann?
BIOGRAPHY
Geboren 30.07.1956, verheiratet, drei Kinder, hat in Freiburg/Brg., Wien, Tübingen und Bamberg Katholische Theologie, Philosophie und Kommunikationswissenschaft studiert (Dipl.Theol.).
Arbeitete als Redakteur beim Öffentl.-Rechtl. Rundfunk und in der Öffentlichkeitsarbeit des Erzbistums Bamberg. Seit 1993 im Erzbistum Berlin tätig als Leiter der kirchlichen Hörfunk- und Fernseharbeit.
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Kirchlichen Rundfunkbeauftragten deutscher Bistümer beim Öffentl.-Rechtl. Rundfunk. Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz bei SIGNIS.
Adresse: Katholische Rundfunkarbeit im Erzbistum Berlin
Niederwallstr. 8-9
10117 Berlin
Tel: +49 (0)30 401 57 60
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Saturday, 18 September 2021 19:07